Samstag, 27. Februar 2021

ASTROCOHORS plant diese Aktionen - und Nummer 3 wird Dich überraschen!

 Commander Natascha Jung sah das Glas, das auf ihrem Schreibtisch stand, skeptisch an. Die Flüssigkeit, die sich darin befand, war weiß. Ein unbedarfter Beobachter hätte vielleicht geschätzt, dass es sich dabei um Tiermilch handelte. Tiermilch zu trinken war auf dem Planeten Terra noch sehr verbreitet, auch wenn damit verschiedene negative Dinge verbunden waren. Massentierhaltung zum Beispiel.


Wenn der unbedarfte Beobachter dann auch noch ein Bekannter von Commander Jung war, hätte er umso vermutet, dass es sich dabei um Tiermilch handelte. Dieser Bekannte hätte vermutlich gewusst, dass Natascha eine regelmäßige Milchtrinkerin war. Doch er - oder sie - hätte sich in diesem Fall geirrt. Denn die weiße Flüssigkeit in dem Glas war keine Tiermilch.

Der skeptische Blick der Kommandantin wanderte von dem Glas nach oben zu der Person, die neben ihr stand. Dabei handelte es sich um ihren Adjutanten Peltzer. Er hatte ihr das Glas hingestellt und die Flüssigkeit eingeschenkt.

"Peltzer", sagte sie, "es war Mittwoch, als ich den Posten hier übernommen habe. Am selben Tag wurden Sie mein Adjutant. Und das ist schon der dritte Versuch, mich von Milch abzubringen."

"Jeden Tag ein neuer Versuch", stellte Peltzer fest.

"Ich schätze es ja eigentlich, wenn jemand beharrlich ist", stellte Jung fest, "aber in einem gewissen Maße ist es auch nervig. Donnerstag früh haben Sie es gleich mit Soja probiert."

"Das war ein totaler Reinfall", ergänzte Peltzer.

"Das kann man wohl sagen", entgegnete die Kommandantin. Sie schüttelte sich. Diese Sojamilch - durfte man sie eigentlich als "Milch" bezeichnen? - hatte einen unangenehmen Geschmack und einen noch unangenehmeren Nachgeschmack. Der Geschmack hatte Natascha an Gips erinnert. Der Geruch von Gips, nur halt als Getränk. Und der Nachgeschmack - buah! Als hätte sie einen ordentlichen Schluck aus der Kloake genommen. Peltzers Erklärung, dass man Sojamilch eigentlich eher dazu benutzt, um sie mit Geschmack zu versehen, hatte dabei nicht sonderlich geholfen. Sie trank gerne Milch, weil ihr diese auch ohne Geschmackszusatz schmeckte. Wenn man Vanille- oder Schokogeschmack hinzugeben musste, damit die eigenen Geschmacksnerven nicht gegen das Getränk rebellierten, war ihrer Meinung nach der Sinn verfehlt. Sicher, viele Menschen nahmen Tiermilch nur als Zusatz in Getränken wie zum Beispiel Kaffee. Aber so war sie eben nicht. 

Allerdings kannte sie auch die Politik von ASTROCOHORS, die direkt aus dem Hauptquartier kam und sie wusste auch um die Dringlichkeit. Die Erde hatte ein Problem und das Wegkommen von tierischen Nahrungsmitteln sollte mit hoher Priorität durchgeführt werden. Aber man musste die Leute halt eben auch überzeugen. Und überzeugen konnte man sie am besten, wenn man ihnen etwas anbot, das sich dazu eignete, das entsprechende Nahrungsmittel irgendwie zu ersetzen.

"Was ist das?"

"Ein Mandeldrink." Peltzer seufzte. "Hergestellt aus Mandeln", fügte er überflüssigerweise dazu.

"Was Sie nicht sagen", brummte Jung. "Woraus es hergestellt wurde, ist mir eigentlich egal, Hauptsache es schmeckt nicht wieder wie ein Laternenpfosten."

Peltzer nickte. Dann zog er die Stirn in Falten. "Commander", fragte er, "woher wissen Sie, wie ein Laternenpfosten schmeckt?"

"Das war nur ein Spruch!", blaffte sie. Dann nahm sie das Glas in die Hand. Am Tag zuvor hatte Peltzer versucht, ihr den Haferdrink nahezubringen. Es war nicht so schlimm wie am Tag zuvor das Soja. Nur der Haferdrink schmeckte so, als hätte jemand seine Haferflocken zum Frühstück in Wasser eingelegt und zum Abend das Zeug durch ein Sieb gelassen, so dass der Pamps vom Drink getrennt wurde. Und der Drink schmeckte... na ja, nach wässrigen Haferflocken halt. Das war alles. Auch kein wirklicher Ersatz für ihre geliebte Milch.

Okay, tapfer dorthin, wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist, feuerte sie sich selbst im Geist an. Dann nahm sie einen Schluck. Sie ließ die Flüssigkeit durch ihre Mundhöhle laufen und schluckte sie runter. Dann wartete sie.

Leider passierte irgendwie nichts. Sie schmatzte vor sich hin wie bei einer Weinprobe, aber auch das änderte nichts.

"Was ist los?", fragte Peltzer besorgt.

"Nichts", antwortete die Kommandantin, "und genau das ist das Problem! Ich schmecke... einen Hauch von Mandel und sehr viel nichts. Ich möchte wetten, bei der Herstellung von diesem Drink hat sich jemand vor einem Bottich voller Flüssigkeit hingestellt, eine Mandel hochgehalten und zu der Flüssigkeit gesagt: 'Siehst Du diese Mandel hier, Flüssigkeit? Genau so musst Du schmecken!' Und dann hat man das Zeug in Tetrapacks abgefüllt."

"Also auch wieder ein Fehlschlag", stellte der Adjutant niedergeschlagen fest.

"Ich fürchte, so wird das nichts mit dem Plan von ASTROCOHORS, mehr pflanzliche Nahrungsmittel in die Organisation zu bringen", entgegnete Jung. "Gerade diese Getränke, die Tiermilch ersetzen sollen, die schmecken entweder nach Nichts oder sie schmecken... schlecht. Mal ganz davon abgesehen, haben Sie sich die Budgetkalkulation mal angesehen? Diese Getränke kosten teilweise das Fünffache dessen, was wir sonst für Milch bezahlen. Die im Hauptquartier haben gut reden. Ja, sie haben natürlich Recht, das will ich gar nicht abstreiten - wir müssen wegkommen von den Sachen, die die Umwelt so schwer belasten. Aber wir brauchen eine größere Lösung! Es geht nicht, dass man uns hier das aufdrückt und dann nicht mal das Budget erhöht. Und es müssen Lösungen gefunden werden, die die Leute auch annehmen! Ich bin nicht das Problem, Peltzer! Ich bin bereit, diese Dinge auszuprobieren, aber umgekehrt muss man auch bereit sein, meine Ansichten, meine Meinung und meinen Geschmack anzunehmen! Das Schwierige kommt erst dann, wenn man Leute überzeugen muss, die nicht mal bereit sind, das zu tun."

PING!

Das Benachrichtigungsgeräusch lenkte sie ab. Natascha bewegte ihren Drehstuhl in Position, so dass sie nun genau vor ihrem Schreibtisch saß. "Das wird die Admiralität sein", stellte sie fest. "Peltzer, ich muss Sie nun bitten, den Raum zu verlassen. Und nehmen Sie diesen Hauch von Mandel mit. Ich weiß, dass wir es bereits in der Kantine anbieten, aber meine Geschmacksnerven können damit nichts anfangen."

Peltzer nahm enttäuscht das Glas und trug es aus dem Raum. Nachdem er zur Tür herausgetreten war und sich diese automatisch hinter ihm geschlossen hatte, legte sie ihre Hand auf die Erkennungsplatte, die in ihrem Schreibtisch eingearbeitet war.

ASTROCOHORS CLUB Hauptquartier auf Island.

"Jung, Natascha, Commander - Identität bestätigt", sagte die Stimme von ARNOLD, bevor sie den in der Schreibtischplatte versenkten Bildschirm hochfuhr. Der Bildschirm aktivierte sich selbstständig und zeigte das Logo vom ASTROCOHORS CLUB an. Dann verschwand das Logo und eine Frau in Uniform erschien. Der Untertitel sagte, dass die Bildverbindung direkt aus dem Büro von Captain Jocelyn J. Piquet kam. Das war die Dame, deren Konterfei auf dem Bildschirm zu sehen war.

"Commander Jung?", fragte sie. "Wie sieht es aus mit der Vertraulichkeit?"

"Mein Adjutant hat den Raum verlassen", antwortete Jung, "und mit der Aktivierung dieses Gesprächs wurde auch das Sicherheitsprotokoll aktiviert. Dieser Raum ist abgeschottet und es hört uns niemand zu."

"Formidable! Die letzten Tage hatten wir hier etwas Stress in unserem Hauptquartier, wir mussten ein paar Neustrukturierungen vornehmen, aber wir haben es soweit geschafft. Wie sieht es bei Ihnen aus? Sie sind ja ziemlich neu auf ihrem Posten."

Natascha grinste. "'Neu' ist noch übertrieben", entgegnete sie. "Aber ich war lange Jahre die Adjutantin von Admiral Vruznicek. Ich war in den frühen Phasen dieses Projekts mit dabei, ich habe den Zusammenbruch des RASTERS miterlebt und all das. Ich denke, ich bin gut reingekommen."

Die Kapitänin nickte wissend. "Ich möchte nicht schon wieder 'formidable' sagen, aber seien Sie sich meiner Anerkennung gewiss. Dann sind Sie also bereit, mit in den Verbund einzutreten?"

"So bereit wie man nur sein kann! Ich hatte bereits mit VERIS BASTION Kontakt aufgenommen und die Einzelheiten geklärt. Sie schicken einen Techniker, der mit dem Projekt ebenfalls vertraut ist. Dann können wir sofort loslegen."

Piquet hob die Hände. "Immer langsam mit den jungen Pferden!", beschwichtigte sie. "Dieser Techniker kann gerne alle Vorbereitungen treffen, aber wir haben einen Zeitplan, an den wir uns halten müssen, sonst endet das - mal wieder - im Chaos. Übrigens hat das GALAKTIKUM in seiner letzten Sitzung die Erde teilweise als 'failed planet' eingestuft, wir müssen unsere Aktivitäten also verstärken."

"Failed planet? Versagt? Wie kam dieses Urteil zustande?"

"Teile von so genannten 'zivilisierten' Ländern hängen Aberglauben und Verschwörungsmythen an und lassen jede Art von Rationalität vermissen. Und zwar genau dort, wo sie am nötigsten ist. Das GALAKTIKUM hat die Erde unter 'auf Bewährung' gesetzt. Wir müssen jetzt zusehen, dass es dazu kommt."

"Was soll überhaupt diese ganze Heimlichkeit und das Manöver mit VERIS BASTION? Das kapiere ich nicht. Wenn die Zeit so drängt, können wir doch einfach anfangen!"

"Wir haben ein Problem", gab Piquet zu. "Unsere Infrastruktur ist zu sehr abhängig von diesen Konzernen und Gesellschaften. Wir haben VERIS BASTION in Betrieb genommen, um sie in den Flottenbetrieb zu integrieren. Dass wir sie jetzt - kurzfristig - für etwas anderes verwenden, soll nur ablenken. Aber wenn es die zerstörerischen Kräfte auf der Erde in Aufruhr versetzt, soll uns das nur recht sein. Wir müssen die Leute zu uns locken und..."

"Und?"

Piquet blickte sie ernst an. "Nochmal die Frage: Wie sieht es aus mit der Vertraulichkeit?"

Du meine Güte, dachte Natascha, die nimmt das aber genau. Doch sie erkannte, dass darin eine Vorsicht lag, die aus Erfahrung geprägt war. Also kontrollierte die Kommandantin nochmal alle Einstellungen. Der Raum war abgeschottet und abhörsicher. Der Kanal, über den sie mit der Kapitänin kommunizierte, war ebenfalls gesichert. Und außer ihr war niemand im Raum.

"Wie gerade eben", bestätigte Jung, "alles ist gesichert."

"Bon!", kam es zurück. "Also, ASTROCOHORS plant diese Aktionen..."